Die wichtige Rolle der Herstellung individueller Medikamente zur Bekämpfung von Arzneimittelengpässen
Die individuelle Herstellung von Medikamenten (Compounding) spielt eine zunehmend entscheidende Rolle bei der Bewältigung von Arzneimittelengpässen. Während globale Ereignisse wie die COVID-19-Pandemie die Fragilität der Lieferketten offenbart haben, bietet die personalisierte Medikamentenherstellung durch Apotheker eine flexible, schnelle Lösung. Diese Methode ermöglicht nicht nur die Anpassung an individuelle Patientenbedürfnisse, sondern schließt auch kritische Versorgungslücken, wenn Standardmedikamente nicht verfügbar sind. Die Entwicklung moderner Technologien zur automatisierten Herstellung individueller Arzneimittel revolutioniert diesen Bereich und macht ihn zu einem wesentlichen Bestandteil einer sicheren Arzneimittelversorgung.
Die aktuelle Herausforderung: Arzneimittelengpässe im Gesundheitswesen
Arzneimittelengpässe stellen eine wachsende Bedrohung für Gesundheitssysteme weltweit dar. Aktuelle Daten der ASHP zeigen, dass anhaltende und aktive Engpässe den höchsten Stand seit einem Jahrzehnt erreicht haben. Diese Versorgungsprobleme beeinträchtigen nicht nur die Patientenversorgung, sondern erhöhen auch den Arbeitsaufwand für pharmazeutisches Personal erheblich.
Entwickelte Länder versuchen, dieser Herausforderung durch das Anlegen strategischer Reserven wichtiger Medikamente zu begegnen. Diese Bevorratungsstrategie bietet jedoch nur eine temporäre Lösung und adressiert nicht die Grundursachen des Problems. Die Verfügbarkeit von Medikamenten muss nicht nur gesichert, sondern auch der Zugang zu ihnen für alle Bevölkerungsgruppen gewährleistet werden.
Ein anschauliches Beispiel ist der kürzliche Engpass bei Amoxicillin, einem weit verbreiteten Antibiotikum. Dieser entstand durch eine Kombination aus erhöhter Nachfrage, Problemen bei der Beschaffung von Rohstoffen und Verzögerungen in der Produktion – ein deutlicher Hinweis darauf, wie anfällig unsere Arzneimittelversorgung sein kann.
Was sind die Hauptursachen für die zunehmenden Arzneimittelengpässe?
Die zunehmenden Arzneimittelengpässe resultieren aus einem komplexen Zusammenspiel verschiedener Faktoren. An erster Stelle stehen Lieferkettenprobleme, die durch internationale Spannungen und globale Krisen wie die COVID-19-Pandemie verschärft werden. Wenn wichtige Rohstoffe oder Zwischenprodukte nicht verfügbar sind, kommt die gesamte Produktionskette ins Stocken.
Wirtschaftliche Interessen der Pharmaunternehmen spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle. Oftmals konzentrieren sich Hersteller auf gewinnbringendere Medikamente und stellen die Produktion weniger rentabler, aber medizinisch notwendiger Arzneimittel ein. Diese Geschäftsentscheidungen führen zu Versorgungslücken bei essentiellen Medikamenten.
Regulatorische Hürden und Qualitätsprobleme in der Produktion können ebenfalls zu Engpässen führen. Wenn Produktionsanlagen aufgrund von Qualitätsmängeln vorübergehend geschlossen werden müssen, hat dies direkte Auswirkungen auf die Verfügbarkeit der betroffenen Medikamente auf dem Markt.
Wie funktioniert die Herstellung individueller Medikamente (Compounding)?
Die Herstellung individueller Medikamente, auch als Compounding bezeichnet, ist ein pharmazeutischer Prozess, bei dem maßgeschneiderte Arzneimittel für spezifische Patientenbedürfnisse hergestellt werden. Apotheker kombinieren, mischen oder verändern Inhaltsstoffe, um Medikamente in genau den Dosierungen, Formen und Zusammensetzungen zu erstellen, die für einzelne Patienten benötigt werden.
Der Compounding-Prozess folgt strengen Qualitätsstandards und umfasst mehrere Schritte: Zunächst werden die benötigten Wirkstoffe und Hilfsstoffe genau ausgewählt und dosiert. Anschließend erfolgt die eigentliche Herstellung unter Einhaltung der Good Manufacturing Practice (GMP). Jedes hergestellte Medikament durchläuft zudem Qualitätskontrollen, um Sicherheit und Wirksamkeit zu gewährleisten.
Moderne Technologien revolutionieren diesen Bereich zunehmend. Automatisierte Compounding-Systeme wie der Compact Pharma Printer ermöglichen eine präzise, standardisierte Herstellung und reduzieren das Risiko menschlicher Fehler. Diese Systeme können verschiedene Darreichungsformen herstellen – von Tabletten über Flüssigkeiten bis hin zu Filmen und Zäpfchen – und bieten damit maximale Flexibilität bei der individuellen Medikamentenherstellung.
Welche Vorteile bietet die personalisierte Medikamentenherstellung bei Versorgungsengpässen?
Die personalisierte Medikamentenherstellung bietet bei Versorgungsengpässen entscheidende Vorteile. Der größte Nutzen liegt in der Versorgungssicherheit, da Apotheker fehlende Standardmedikamente durch individuell hergestellte Alternativen ersetzen können. Dies gewährleistet eine kontinuierliche Versorgung von Patienten, selbst wenn bestimmte Fertigarzneimittel nicht verfügbar sind.
Ein weiterer wesentlicher Vorteil ist die Flexibilität. Compounding-Apotheker können schnell auf veränderte Bedarfssituationen reagieren und ihre Produktion den aktuellen Erfordernissen anpassen. Dies ermöglicht eine zeitnahe Lösung akuter Versorgungsprobleme, ohne lange Produktions- und Lieferzeiten.
Die personalisierte Medikamentenherstellung entlastet zudem das Gesundheitssystem in Krisenzeiten. Durch die dezentrale Herstellung werden Abhängigkeiten von einzelnen Herstellern oder Lieferketten reduziert. Gleichzeitig können Medikamente so angepasst werden, dass sie den individuellen Bedürfnissen der Patienten optimal entsprechen – besonders wichtig für spezielle Patientengruppen wie Kinder, ältere Menschen oder Patienten mit Schluckbeschwerden.
Wie können Apotheker zur Lösung von Arzneimittelengpässen beitragen?
Apotheker spielen eine zentrale Rolle bei der Bekämpfung von Arzneimittelengpässen durch ihr Fachwissen und ihre Fähigkeit zur Herstellung individueller Medikamente. Sie können bei Lieferengpässen schnell reagieren, indem sie fehlende Medikamente selbst herstellen oder geeignete Alternativen zusammenstellen, was die Versorgungskontinuität sicherstellt.
Der Einsatz moderner Technologien ist dabei entscheidend. Automatisierte Compounding-Systeme erhöhen die Effizienz und Präzision bei der Herstellung individueller Arzneimittel. Diese Systeme, wie sie beispielsweise von der Delpech Paris entwickelt werden, ermöglichen es Apothekern, schneller und in größeren Mengen zu produzieren, ohne Abstriche bei der Qualität zu machen.
Internationale Zusammenarbeit verstärkt diese Bemühungen zusätzlich. Erst kürzlich trafen sich europäische Experten aus 12 Ländern in Straßburg, um gemeinsame Strategien gegen Arzneimittelengpässe zu entwickeln. Durch den Austausch von Wissen, Rezepturen und Best Practices können Apotheker ihre Rolle bei der Bekämpfung von Versorgungsengpässen noch effektiver wahrnehmen.
Zukunftsperspektiven: Der Weg zu einer sicheren Arzneimittelversorgung
Die Zukunft der Arzneimittelversorgung liegt in einem integrierten Ansatz, der traditionelle Lieferketten mit innovativen Compounding-Lösungen verbindet. Die personalisierte Medikamentenherstellung hat das Potential, von derzeit etwa 1% auf bis zu 10% aller Medikamente zu wachsen – eine bedeutende Ergänzung zur konventionellen Pharmaproduktion und ein wichtiger Puffer gegen Versorgungsengpässe.
Technologische Innovationen werden diese Entwicklung weiter vorantreiben. Fortschritte in der Automatisierung, Digitalisierung und Qualitätskontrolle machen die individuelle Arzneimittelherstellung zunehmend effizienter, sicherer und kostengünstiger. Diese Entwicklungen ermöglichen es Apothekern, eine breitere Palette von Medikamenten in verschiedenen Darreichungsformen herzustellen und so flexibel auf Engpässe zu reagieren.
Der Schlüssel zu einer sicheren Arzneimittelversorgung liegt jedoch in der Zusammenarbeit aller Akteure im Gesundheitswesen. Regierungen, Pharmaunternehmen, Apotheker und Gesundheitsdienstleister müssen gemeinsam an robusten Lösungen arbeiten, die sowohl präventive Maßnahmen als auch reaktive Strategien umfassen. Nur durch diesen ganzheitlichen Ansatz kann die Versorgungssicherheit mit lebenswichtigen Medikamenten langfristig gewährleistet werden – zum Wohle aller Patienten.
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